Zeitarbeit als Armutsfalle im Alter?

Bei diesem Gastbeitrag handelt es sich um einen subjektiven Erfahrungsbericht von Mareike C. aus Bonn – er spiegelt nicht notwendiger Weise die Meinung der Redaktion wider. 

Die Freude über steigende Beschäftigungszahlen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein nicht unbedeutender Anteil der neuen Arbeitsplätze im Bereich der Zeitarbeit geschaffen wird – Arbeitsplätze also, die als „prekäre Beschäftigungsverhältnisse“ bezeichnet werden. Diese Bezeichnung deutet bereits an, dass Jobs dieser Art mit Problemen behaftet sind. Das beginnt bereits mit der Bezahlung. Die nämlich liegt meist deutlich unter dem Lohn, den die Festangestellten des Betriebs erhalten, in den die Zeitarbeiter entsendet werden. Auch das vertraglich verbriefte Recht auf Vergütung von durch den Kundenbetrieb verursachten Fehlzeiten besteht nur auf dem Papier: In der Praxis wird dieser Gehaltsbestandteil nur all zu gerne vergessen, sofern der Arbeitnehmer keinen Anwalt einschaltet. Überhaupt ist Arbeitnehmern in einer Zeitarbeitsfirma ein guter Draht zu einem fachlich versierten Rechtsbeistand zu empfehlen: Auch reguläre Arbeitszeugnisse sind keine Selbstverständlichkeit, von Abfindungszahlungen bei grundlosen Kündigungen ganz zu schweigen.

Permanenter Kampf um vertragliche Rechte

Selbst Dinge wie Urlaub und Urlaubsgeld werden in prekären Arbeitsverhältnissen schnell zum Problem: Vor Antritt des Urlaubs sind die meisten Arbeitsverhältnisse schon wieder gekündigt. Konnte man sich früher noch berechtigte Hoffnungen auf eine Übernahme in ein reguläres Arbeitsverhältnis machen, so sind diese Zeiten heute weitestgehend vorbei: Mehr als eine Verlängerung der Einsatzzeit ist meist nicht drin. Schließlich sind die Arbeitsbedingungen vor Ort in vielen Fällen fast schon diskriminierend: In Kantinen zahlen Zeitarbeiter oft doppelt so viel wie ihre fest angestellten Kollegen, von Sonderkonditionen des Unternehmens für den öffentlichen Nahverkehr können sie ebenfalls nicht profitieren, und schließlich zehren fehlende Erholungsphasen und Mobbing nicht selten an der Gesundheit der Zeitarbeitnehmer.

Niedrige Rentenbeiträge können in die Altersarmut führen

Als würde das alles nicht schon reichen, warten außerhalb der beruflichen Tätigkeit weitere Fallstricke auf die Zeitarbeiter. Schon während der Zeit ihrer Erwerbstätigkeit haben es insbesondere junge Menschen schwer, sich mit den geringen Zeitarbeitslöhnen eine Existenz aufzubauen – schon die Miete einer normalen Wohnung sprengt oft jeden finanziellen Rahmen. Die im Rahmen von Leiharbeit fast zwangsläufig auftretenden Lücken im Lebenslauf sorgen dafür, dass selbst Arbeitnehmer mit guter beruflicher Qualifikation Schwierigkeiten bekommen, irgendwann einmal auch wieder einen regulären Arbeitsplatz zu finden. Und am Ende des Erwerbslebens ist die Altersarmut bereits vorprogrammiert: Niedrige Löhne bedeuten gleichzeitig niedrige Beiträge in die Rentenkasse – und an eine privat finanzierte Altersvorsorge in ausreichender ist angesichts des geringen Einkommens erst recht nicht zu denken. Fazit: Zwar rufen die politischen Meinungsführer nach Bevölkerungswachstum, um der wachsenden Überalterung der Gesellschaft zu begegnen. Doch haben dieselben Volksvertreter es versäumt, den dazu nötigen jungen Menschen eine Perspektive zu geben.